• Fotos: Michael Fritz

Die Belagerung aus der Sicht der Gegner

Neben der bekannten Chronik von Georg Schwartzerdt gibt es eine weitere Quelle zur Belagerung von Bretten im Jahr 1504. Diese Quelle ist Grundlage für ein spannendes Buch, das aktuell erschienen ist.

Stefan Oehler hat ein Buch geschrieben. Ein Buch über die Belagerung Brettens. Moment, werden jetzt vielleicht manche denken, ist diese Geschichte nicht schon hinlänglich auserzählt? Gibt es darüber nicht schon genug Literatur? Nein, sagt Stefan Oehler und verweist auf eine andere – bislang wenig beachtete – Quelle zu den Ereignissen des Jahres 1504. „Im Juli 2022 saß ich mit Hermann Fülberth, dem ´Historiker´ der Landsknechtsgruppe zusammen und er erzählte mir von einer anderen Chronik, die von einem württembergischen Teilnehmer der Belagerung aufgeschrieben worden war. Hans Glaser, Büchsenmeister in den Diensten des Angreifers Herzog Ulrich von Württemberg, hat seine Erinnerungen an den Feldzug in einer Reimchronik mit dem Titel „Ain hübscher spruch vonn dem württembergischen krieg“ festgehalten. „Das hat mich sofort elektrisiert und ich begann diese Quelle zu analysieren“, erinnert sich Oehler. „Neben der bekannten Chronik von Georg Schwarzterdt, der die Sichtweise der Kurpfalz beschrieb, gab es also eine authentische Darstellung der Geschehnisse aus der gegenteiligen Perspektive“, sagt Oehler. „Beide Chroniken sind natürlich als Propaganda zu betrachten, die die eigene Seite in einem möglichst günstigen Licht erscheinen lässt. Schwartzerdt schreibt von einem ´legendären Ausfall´, der bei Glaser lediglich als ´ein Scharmützel´ Erwähnung findet.“ Auch die Tatsache, dass die württembergische Reimchronik unmittelbar während des Feldzuges entstand, Schwartzerdt seine Chronik aber erst 57 Jahre später, quasi vom Hörensagen, aufschrieb, findet Oehler bemerkenswert. Bei seiner intensiven Recherche stieß er immer wieder auf Schwierigkeiten, die damalige frühneuhochdeutsche Sprache in ein verständliches Deutsch zu übersetzen und auch richtig zu interpretieren. Am Beispiel der Passage „am Samstag brannt man weingarten“ erläutert Oehler diese Herausforderung anschaulich. Am meisten beschäftigte ihn aber die Frage, warum die Württemberger nach zweiwöchiger Belagerung diese plötzlich abbrachen, obwohl die Stadtmauer bereits ziemlich sturmreif geschossen war. Mit elf plausiblen Argumenten, darunter ein überraschend banales, versucht Oehler diese Frage zu beantworten. Fast nebenbei und sehr detailliert beschreibt der Autor das Alltagsleben in einer mittelalterlichen Stadt und lässt auch seine persönlichen Erfahrungen von der Teilnahme am Tross 2004 einfließen. Von diesem nachgestellten Heerzug stammen auch die meisten Fotos, die das Buch anschaulich bebildern. Der Brettener Fotograf Thomas Rebel investierte viele Stunden in die Bildauswahl und gestaltete auch das Layout.
Verleger Thomas Lindemann übernahm das Finish und machte alles druckfertig. Besonders aufwändig war für ihn die Recherche der Bildrechte, die Korrespondenzen mit Museen in New York und Florenz und sogar bis zum niederländischen Königshaus erforderlich machten.

 

Michael Fritz

Das Buch „1504 vor Bretten“ ist im Lindemanns Verlag erschienen und ab sofort im Buchhandel und bei der Tourist-Info erhältlich.

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